Direkt zum Inhalt springen

Suchformular

Brauchtum

Samedan darf stolz sein, dass trotz der stetigen Entwicklung und Modernisierung viele Sitten und Bräuche bis in die Gegenwart mit viel Liebe und Engagement der Bevölkerung gepflegt werden, wobei sich die in der Giuventüna da Samedan organisierte Dorfjugend besonders hervorhebt. Die Pflege der Sitten und Bräuche bereichert das kulturelle Dorfleben und stärkt die eigenen Wurzeln. Zahlreiche ins Unterland abgewanderte Heimweh-Samedrins reisen denn auch für den einen oder anderen Anlass extra ins Engadin, bereichern die Anlässe und freuen sich, alte Weggefährten wiederzutreffen.   

Die Bavania ist eine Engadiner Tradition am Dreikönigstag, die auf frühere Zeiten zurückgeht. Die heiratslustigen Mädchen finden sich abends auf dem Dorfplatz zum sogenannten Pantoffelwurf ein. Ein Schuh wird rückwärts in hohem Bogen über den Kopf hinweg geschleudert. Aus der Richtung, in die seine Spitze deutet, soll eines Tages der zukünftige Mann kommen. Anschliessend findet dann das Bleigiessen statt. Die gegossenen Gebilde werden in Samedan aus einem alten, handgeschriebenen Orakelbuch gedeutet. So erfährt jedes Mitglied sein Schicksal für das kommende Jahr.  

Die Schlitteda ist einer der Engadiner Bräuche, dessen Ursprung in der Zeit zu finden ist, als Schlitten und Pferd überall im Engadin die einzigen Beförderungsmittel im Winter waren. Ursprünglich nutzten die Junggesellen den Anlass, um die Angebetete zur romantischen Kutschenfahrt einzuladen und so mit ihr den Tag zu verbringen. Die Giuventüna da Samedan gehört zu denjenigen Organisatoren von Schlittedas, die die Grundidee weiter verfolgt haben. So ist es nur nicht verheirateten Frauen und Männern gestattet, am Anlass teilzunehmen. Auf dem typischen Engadiner Schlitten sitzen die Dame in der schmucken Engadinertracht, der Fuhrmann hinten auf dem Sitzbock in Frack und Zylinder, das Pferd ist reich geschmückt. Die Startvorbereitungen können auf dem Platz der Chesa Planta beobachtet werden. Der Vorreiter in seiner stolzen Uniform führt die bunte Schlittenkolonne während der Ausfahrt durch die winterliche Landschaft von Samedan in Richtung Stazersee, St. Moritz und zurück an. Am Abend lässt die Giuventüna den Tag bei einem Abendessen mit Tanz ausklingen.  

Chalandamarz, der 1. März, ist das Fest der Samedner Schuljugend. Es ist ein typischer Brauch aus heidnischer Zeit und erinnert an den römischen Kalender mit dem Jahresbeginn im Frühjahr. In Samedan sind es vor allem die Knaben, die das Sagen haben. Mit ohrenbetäubendem Lärm der vielen grossen und kleinen Glocken zieht die Herde der Knaben durch die Gassen, von Dorfplatz zu Dorfplatz, wo sie unter Anleitung des Senns romanische Chalandamarzlieder zum Besten geben. Der Senn trägt seine im Engadin fremd wirkende Appenzellertracht, der Kassier einen schwarzen Anzug mit Zylinder, Hirten und Herde stecken in ihren blauen Kutten, kräftige Burschen ziehen den Bockschlitten. Am späteren Nachmittag versammeln sich dann die müden Knaben, um das verdiente "Futter", bestehend aus Äpfeln, Orangen, Nüssen, Schokolade und anderen Süssigkeiten, im Bauche ihrer Glocken entgegenzunehmen. Am darauf folgenden Samstag treffen sich die Schulkinder zum Chalandamarz-Ball, dem grossen Ereignis für Jung und Alt. Die traditionelle Aufführung der Polonaise bildet den Abschluss des grossen Festes.

Am Heiligen Abend, am 24. Dezember, trifft sich die Giuventüna zum Chaunt da Nadel. Auf den Dorfplätzen singen sie alte romanische Weihnachtslieder aus dem "Cudesch da Schlarigna", dem alten Gesangsbuch aus dem 18. Jahrhundert. Nach dem Auftritt in der Kälte trifft sich die fröhliche Gesellschaft bei Glühwein und "Bütschellas" (Zuckerbrote).

Den Silvester feiern die Mitglieder der Giuventüna da Samedan auf dem Dorfplatz. Die Burschen montieren in der Silvesternacht auf dem Dorfplatz Spruchbänder mit lustigen Schnitzelbänken über besondere Begebenheiten des vergangenen Jahres und verkaufen an der Schneebar den wärmenden Glühwein, währenddem die Kirchenglocken das neue Jahr einläuten.  

Die Charreda Engiadinaisa wurde von Generation zu Generation weiter gereicht und konnte sich so erhalten. Sie war ein gesellschaftlicher Höhepunkt des Engadiner Spätsommers. Dieser Brauch entstand, als Wagen und Pferd das einzige Beförderungsmittel waren, um das Heu einzufahren. Nach der erfolgreichen Heuernte unternahm man eine Heuwagenfahrt, die Charreda. Die meisten Wagen sind einfach in der Form, werden geschmückt und mit Heuballen gepolstert, so dass neben dem Fuhrmann vier bis sechs Personen darauf Platz nehmen können.

Sitten und Bräuche eines Volkes sind eng mit der Sprache, der Einstellung zu den kulturellen Werten und der Beziehung zur Heimat verbunden. So lange man sich dessen bewusst ist, werden diese in den Dörfern und Tälern weiterleben.